Gebaut ab 1983.
Länge 10,13 m, Breite 2,5 m, Wasserlinienlänge 9,34 m Festkiel 1,90 m, wahlweise 1,50 m Tiefgang, Ballastanteil 1000 kg, Verdrängung: ca. 2,3 bis 2,8 Tonnen (je nach Ausstattung Einbaudiesel/Außenborder, Beladung); Durch die geringe Breite ist das Schiff trailerbar. Allerdings braucht man schon einen Geländewagen möglichst mit 3,5 Tonnen Anhängelast. Die Höhe ist dann fast 4 m. Einer unserer Kunden baut beim Kranen im Herbst den Kiel ab, lässt ihn im Hafen stehen und trailert das Schiff ohne Kiel mit einem Mittelklasse-Pkw mit 1 800 kg Anhängelast zu uns ins Winterlager.
Wenn man zum ersten Mal ein W 1010 zum Beispiel auf dem Trailer sieht, dann stockt einem fast der Atem. Diese schlanke Länge, dieser schmale, tiefgehende Kiel, dieses im Verhältnis zur Gesamtlateralfläche große Ruderblatt, wie muss dieses Schiff wohl segeln?
Kremer hat mit dieser Konstruktion einen mutigen Schritt getan und entsprechend schieden sich auch die Geister. Die Grundidee war ganz einfach: Das W 660 hatte eine sehr schöne Spantenform, segelte schnell und ausgeglichen. Man nehme einfach den Hauptspant des W 660 und ziehe das Ganze auf ca. 10 m Länge auseinander. Dann hat man einen superschnellen Salzwassersegler, wie im damaligen Prospekt stand. Wie segelt sich nun das Schiff? Spektakulär ist das Geschwindigkeitspotential bei Raumschotskursen. Meine Frau und ich sind einmal bei 5 - 6 Windstärken über mehrere Stunden im Schnitt mit 12 Knoten gesegelt. Die Spitzengeschwindigkeiten auf einer nachschiebenden Welle lag bei ca. 15 Knoten. Zur Erinnerung, die theoretische Rumpfgeschwindigkeit liegt bei 7,4 Knoten. Dabei erlebt man diese Geschwindigkeit nicht als spektakulär. Die meiste Zeit war während dieses wilden Rittes meine Frau an der Pinne. Und man muss zum Verständnis wissen, sie ist eher ein Angsthase und keinesfalls sehr kräftig. Auch die Yacht-Tester schrieben in Heft 6/1984: "Dabei verhält sich das Boot nicht etwa nervös-unruhig, sondern eher gelassen-gutmütig und lässt sich von vorschnell gegebenen Ruderausschlägen nur mäßig beeindrucken."
Voraussetzung für das deutliche Überschreiten der theoretischen Rumpfgeschwindigkeit ist, dass die Verdrängung gering bleibt. Das Leergewicht ist mit 2 Tonnen angegeben, das ist dann aber auch wirklich nur der segelfertige Rumpf mit Rigg und Segel, aber ohne Motor, Kocher, Batterie, Elektrik, Instrumente, Ausrüstung etc. etc. Das oben beschriebene Schiff wog mit einer Minimalausstattung und Außenbordmotor 2 230 kg + 2 Personen = 2 370 kg. Ich schätze mal, ab ca. 2 600 kg ist bei 9 Knoten eine Schallmauer erreicht. Wir kennen ein recht schwer gebautes W 1010 welches ohne Urlaubsgepäck und Besatzung schon knapp über 3 Tonnen wiegt. Wenn man dann urlaubsklar bei einer Verdrängung von 3,5 Tonnen ist, darf man keine Wunder mehr erwarten.
Die Problematik der Verdrängung ist ein Beispiel dafür, wieso sich die Geister an diesem Schiff scheiden. Es ist ein extremer Segler, wenn man aber zu sechst in der Kajüte sitzt (was wunderbar geht, solange alle sitzen bleiben), darf man nicht an Klaustrophobie leiden. Die Innenhöhe in der Kajüte ist bei maximal 1,45 m, der Durchgang ins Vorschiff ist gerade noch 1,2 m hoch. Beim W 660 sind diese Höhen kein Problem, weil die Entfernungen fast in Griffnähe sind. Beim W 1010 ist Akrobatik gefordert um bei Seegang ins Vorschiff zu gelangen, um die vergessene Rettungsweste zu holen.
Kompromisslose Segler sind bereit, dies alles in Kauf zu nehmen, mitsegelnde Freundinnen oder Ehefrauen sehen dies meist anders. So wurde alles Mögliche versucht, um der Enge unter Deck Abhilfe zu schaffen. WAARSCHIP bot einen erhöhten Kajütaufbau mit 1,7 m Stehhöhe als Extra an. Als schön kann man diese Ausführung gerade nicht bezeichnen. Doch selbst wenn man diesen Kompromiss schluckt, bleibt das Problem, dass der Durchgang ins Vorschiff nach wie vor nur 1,2 m Höhe hergibt. Dieses Problem wurde mit einem zusätzlichen Plankengang versucht zu beheben. Das hatte immerhin den Vorteil, dass die Innenraumerhöhung zwischen 10 und 30 cm im ganzen Schiff gegeben war, nur war das Schiff eigentlich kein W 1010 mehr.
Ein weiterer Knackpunkt ist der große Tiefgang von fast 2 m. Auf Wunsch gab es einen Untiefenkiel mit 1,5 m Tiefgang. Glücklich wurden die Eigner mit dem Untiefenkiel meist nicht, weil dieses extreme Schiff den extremen Kiel wirklich braucht, sonst verändert sich die ganze Charakteristik. Am Bodensee soll sogar ein W 1010 mit 1 m Tiefgang gesegelt sein. Die jetzigen Eigner suchen händeringend einen tiefen Kiel. Seglerisch das beste Ergebnis brachte eine Optimierung, dass der originale Gusseisenkiel durch einen gleich tiefen Bleikiel ersetzt wurde. Weil so der Schwerpunkt nach unten wanderte, konnte das Kielgewicht bei gleich bleibender aufrichtenden Kraft reduziert werden und zwar von 1000 auf 850 kg.
Verkauft und gebaut wurde das W 1010 ab ca. 1983. Die Stückzahlen schätzen wir auf 130.
Testberichte: Yacht 6/84, Segeln 9/89 und Palstek 4/93 (Damit ist das W 1010 das meistgetestete WAARSCHIP. Der Segelspaß muss sich bei den Testern herumgesprochen haben.)
Gebrauchtpreise: Die Preise der Gebrauchtangebote bewegen sich zwischen 15.000,00 € und 35.000,00 €. Beim
W 1010 ist es besonders schwer die konkreten Angebote mit den Vorstellungen der Interessenten unter einen Hut zu bekommen. Die Schiffe sind in ihrer Charakteristik recht individuell und ebenso speziell individuell sind die Suchvorgaben. Deswegen werden gebrauchte W 1010 oft sehr lange angeboten, obwohl andererseits ständig welche gesucht werden.