Den folgenden Text habe ich für Interessenten an diesem Thema noch auf der Website stehen lassen. Es sei jedoch darauf hingewiesen, dass ich keine Renovierungsaufträge mehr annehme und Kunden bei ihren Selbstrenovierungen nur noch in seltenen Ausnahmefällen betreue. Diese Ausnahmen können zum Beispiel bedingt sein durch ein in meinen Augen höchst erfolgversprechendes Projekt.
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Die meisten Schiffe sind in die Jahre gekommen. In welchen Fällen macht eine gründliche Aufarbeitung Sinn? Das ist einerseits eine subjektive Entscheidung, also wie sehr der Eigner an seinem Schiff hängt und inwiefern es seinen Bedürfnissen noch voll entspricht, andererseits sollte und kann man die Renovierungsüberlegungen auch wirtschaftlich betrachten. Nehmen wir als Beispiel ein WAARSCHIP 570, Bj. 82. Die Eignerin segelt das Schiff seit 8 Jahren. Sie bezeichnet die Größe des Schiffes für ihre Ansprüche als ideal. Sie kann das Schiff mit ihrem VW Golf Trailern (Anhängegewicht 1 200 kg). Das Rigg und die Beschläge sind in Ordnung. Wo ist also das Problem? Seit 2 Jahren geben die Spachtelstellen der Schrauben im Unterwasserschiff folgendes Bild ab:
Die Eignerin fragt an, wie man mit diesem Problem umgeht?
Antwort: Die Ursache liegt in nicht ausreichend rostgeschützten Eisenschrauben (siehe auch "Was man beim Gebrauchtboot-Kauf beachten sollte" 2.Absatz Eisenschrauben). Theoretisch sollte man alle Eisenschrauben herausdrehen und durch Niroschrauben ersetzen. Praktisch geht das kaum, weil beim W 570 über 500 Schrauben in den Planken sind. Meist sind die Kreuzschlitze schon so sehr angerostet, dass man sie beim Versuch des Ausdrehens beschädigt und die Schrauben nicht heraus bekommt. Selbst wenn man das Ein- und Ausdrehen in 10 Minuten pro Schraube schaffen würde, wäre der Zeitbedarf bei 500 Schrauben bei 83,5 Stunden. Damit wären noch keine rotten Stellen des umgebenden Sperrholzes instand gesetzt.
Gedrehter Rumpf, optimale Arbeitsposition
Wir praktizieren seit über 20 Jahren mit sehr gutem Erfolg folgenden Weg unter Verwendung von Epoxydharz:
Die Eisenschrauben bleiben drin, rottes Holz muss entfernt werden
Der Kiel wird abgebaut und das Schiff umgedreht. Nur so kann man einigermaßen effektiv die ganze alte Farbe und Grundierung am Rumpf abziehen. Bei der Anwendung von Epoxydharz dürfen keine Spuren von Einkomponentengrundierungen mehr vorhanden sein, also auch die Klinkerkanten müssen richtig bis aufs rohe Holz abgezogen werden. Wer dies einmal über Kopf probiert hat, ist von der Methode des Umdrehens völlig überzeugt. Eine vernünftige Arbeitshaltung dient nicht nur der Bequemlichkeit, sie kommt auch der Güte der Arbeit entgegen. Wenn der Rumpf bis aufs nackte Holz abgezogen ist, erkennt man sehr schön, welche Schäden durch die Eisenschrauben schon entstanden sind. Sämtliche dunkle und rotten Stellen um die Schrauben herum werden mit einem scharfen Stechbeitel ausgestochen.
W 725 trocknet an der Decke aufgehängt in der warmen Werkstatt
Danach erfolgt der wichtigste Teil der Sanierung nämlich die Trocknung des Rumpfes.
Effektives Trocknen ist eine Wissenschaft für sich. Wir praktizieren die Methode, dass die Rümpfe im Winterhalbjahr in der geheizten Halle unter der Decke aufgehängt werden. Einmal ist es unter der Decke am wärmsten und zum anderen können wir diese Plätze relativ günstig vermieten, weil darunter noch andere Bautätigkeiten stattfinden können. Im Sommerhalbjahr bekommt man einen stark durchfeuchteten Rumpf überhaupt nicht auf 10 % heruntergetrocknet. Zwar ist es wärmer, doch die Luft ist auch viel feuchter.
Im Winterhalbjahr, speziell bei kalten Ostwindlagen, wird die an sich schon trockene, kalte Luft durch die Erwärmung in der Werkstatt auf unter 20 % relative Luftfeuchte gebracht. Das zieht so richtig das Wasser aus dem Holz. Wir haben Rümpfe schon vor und nach dem Trocknen gewogen. Ein stark durchfeuchteter W 570 Rumpf war nach dem Trocknen um 35 kg leichter, d.h. 35 l Wasser haben das Holz verlassen.
Die Dauer der Trocknung hängt natürlich vom Durchfeuchtungsgrad und den Trocknungsbedingungen ab. Bei hoher Durchfeuchtung kann auch bei optimalen Trocknungsbedingungen eine Zeitspanne von 10 bis 14 Wochen erforderlich sein. Bedenken muss man, dass Sperrholz im Gegensatz zu Vollholz durch Leimschichten von Lage zu Lage abgesperrt ist, was die Trocknung erschwert. Wenn der mitdenkende Eigner jetzt fragt, wie kommt das Wasser überhaupt in tiefere Sperrholzschichten, so lautet die Antwort: Die Schrauben gehen durch sämtliche Sperrholzschichten hindurch und wenn das Holz um die Schrauben erst mal zu rotten anfängt, ist es ein idealer Schwamm zum Transport von Feuchtigkeit, zumal wenn die Spachtelstelle über dem Schraubenkopf schon Risse hat.
Welche Effekte werden durch die Trocknung des Holzes erreicht?
Nachdem der Rumpf einen Trocknungsgrad von 12 bis 8 % erreicht hat (je trockener je besser), werden zunächst alle ausgestochenen Vertiefungen und sonstige Fehlstellen mit angedicktem Epoxydharz gespachtelt. Beim Spachteln trägt man am Besten etwas mehr auf, so dass die Stelle zunächst etwas erhaben ist, um nach dem Aushärten plan schleifen zu können.
Sobald alle Spachtelstellen plan geschliffen sind, kann die Beschichtung erfolgen. Es werden 3 bis 4 Schichten Epoxydharz nass in nass aufgetragen. Die Auftragstechnik ist rollen mit speziellen PU-Schaumrollen. Nass in nass heißt, der Harzauftrag bekommt Zeit zum reagieren, damit er in sich steht und durch den nachfolgenden Auftrag nicht mehr verschoben wird. Die Oberfläche muss aber noch klebrig sein, damit die Bindung chemisch erfolgt. Wenn das Überstreichintervall bei 2-Komponenten-Produkten verstrichen ist, müsste man anschleifen, um eine mechanische Bindung zu erreichen. Diese mühselige Arbeit an den doch erheblichen Flächen kann man sich durch den "nass in Nass-Auftrag" ersparen. Der erste Auftrag erfolgt mit Epoxydharz ohne Zuschlagsstoffe, weil dieser fast vollständig vom Sperrholz aufgesogen wird. Die weiteren Aufträge erfolgen mit 20 Gewichtsprozent Sperrschichtfüller. Dadurch ist das Harz nicht mehr transparent, was die Kontrolle über die Auftragsdicke erleichtert. Auch das Anschleifen der fertigen Beschichtung ist durch den Sperrschichtfüller leichter.
Epoxydharzverbrauch: Auf einen WAARSCHIP 570 Rumpf trägt man insgesamt ca. 10 kg Epoxydharz auf. Trotzdem ist das Schiff hinterher leichter, weil durch die Trocknung wesentlich mehr Wasser entwichen ist und es dank Epoxydharz auch so bleibt.
Wie geht es weiter?
Der Wasserpass wird mit Hilfe einer Schlauchwaage neu angezeichnet. Dann wird das Unterwasserschiff mit Primer und Antifouling versehen. Danach dreht man den Rumpf sinnvollerweise wieder herum, um den Überwasserteil zweikomponentig zu lackieren.
Falls noch Zweifel bestanden, ob sich das Kiel abbauen und das Drehen des Rumpfes zum Abziehen lohnen, ist praktisch für jeden diese Frage mit ja beantwortet, der einmal Epoxydharz versucht hat über Kopf aufzutragen. Epoxydharz verläuft sehr schön und glatt, es ist aber eine 100%ige Erleichterung, wenn man die zu beschichtende Fläche unter sich liegen hat. Besonders die Klinkerkanten tränken wir mit einem Pinsel sehr dick mit Epoxydharz. Da das Stirnholz ist, zieht das Harz sehr tief weg und die Reste bilden eine schöne Kehle. Auch dieser Effekt ist nur möglich, wenn die Klinkerkanten beim gedrehten Rumpf nach oben schauen.
Was kostet so eine Komplettsanierung von außen?
Wenn die beschriebenen Arbeiten bei uns in Auftrag gegeben werden, zwischen 4 000 und 5 000 Euro, je nachdem, wie weit die Schäden schon fortgeschritten waren. Der Eigner kann je nach Geschick und Zeit erhebliche Beträge sparen, wenn er Arbeiten selbst übernimmt.
Lohnt sich das bei einem 18 Jahre alten WAARSCHIP 570?
Der Zeitwert eines W 570 mit Eisenschrauben ist vor einer gründlichen Sanierung relativ gering, weil es viele Schiffe in diesem Zustand und mit diesem Problem gibt. In einigen Jahren werden solche Schiffe gebraucht nicht mehr zu verkaufen sein.
Ein mit Epoxydharz hochwertig saniertes W 570 hat mindestens eine Lebenserwartung von weiteren 20 Jahren, wobei der Pflegeaufwand noch deutlich geringer ist wie bei einem GFK-Schiff. Wenn man die Investition von beispielsweise 5 000 Euro mit einem Zeitabstand von 5 Jahren in der Zukunft betrachtet, kann man sagen, das unrestaurierte Schiff tendiert im Wert gegen null, während das Restaurierte aller Wahrscheinlichkeit nach noch deutlich mehr wie 5 000 Euro wert sein wird. Man wird natürlich für sonstige Erneuerungen auch noch Geld ausgeben. Aber Segeln zum Nulltarif gibt es nun mal nicht.
Wir haben als Beispiel das WAARSCHIP 570 ausgewählt, weil wir bei diesem Typ die Restaurierung bisher am häufigsten durchgeführt haben. Es waren auch immer Schiffe mit Eisenschrauben, die optisch deutlich angezeigt haben, dass eine gewisse Dringlichkeit besteht. Es ist für uns keine Frage, dass sich eine hochwertige Rumpfsanierung umso mehr lohnt, je größer das Schiff ist. Und zwar völlig unabhängig von der Eisenschraubenproblematik. Es gab bisher nur relativ wenige WAARSCHIPs, die als Neubau eine Epoxidbeschichtung von der Güte erhielten, dass man sagen konnte, die Beschichtung hält für die ganze Lebensdauer des Schiffes.