Die WAARSCHIP-Kielsegelyachten technisch gesehen:
Die WAARSCHIPs sind aus Bootsbausperrholz. Auch wenn der Begriff Sperrholz vielleicht einen etwas negativen Beigeschmack hat, handelt es sich beim Bootsbausperrholz um einen sehr hochwertigen und vorteilhaften Baustoff für Schiffe. Holz ist schon seit Jahrhunderten ein ausgezeichneter Werkstoff für Schiffe. Es hat jedoch als Vollholz den Nachteil, bei Wasseraufnahme zu quellen und bei Trocknung zu schwinden. Dadurch entstehen Dichtigkeitsprobleme und auch Probleme mit dem gesamten Verbund. Beim Sperrholz hat man diese Nachteile ausgemerzt, indem man dünne Furniere diagonal gelegt zusammenklebt. In der Anfangszeit vor 40 bis 50 Jahren haben sich diese Verklebungen durch mangelhafte Kleber und geringe Erfahrung manchmal gelöst (daher vielleicht der negative Beigeschmack). Heutiges hochwertiges Bootsbausperrholz bekommt vom Hersteller eine 20-jährige Garantie. Davon können Eigner von GfK-Schiffen nur träumen.
Ein weiterer Technologiesprung war die Einführung von Epoxidharz im modernen Holzbootsbau. Epoxid ist ein Klebe- und Beschichtungskunstharz, mit dem bekannteren Polyesterharz vergleichbar, jedoch wesentlich hochwertiger. Durch die Beschichtung eines Sperrholzrumpfes mit Epoxid entsteht eine völlig wasserdampfdichte Oberfläche, wodurch es keinerlei arbeiten (d.h. quellen und schrumpfen) des Holzes mehr gibt. Dadurch kann auch eine Lackierung mit hochwertigen 2- Komponenten Lacken erfolgen. Die so entstehenden Oberflächen sind dem Gelcoat bei GFK-Schiffen in Glanzhaltung, Widerstandsfähigkeit und Lebensdauer weit überlegen. Nur ein kleiner Teil der heutigen WAARSCHIPs sind epoxidbeschichtet, weil es in den Anfangsjahren Epoxidharz noch nicht gab und dies später ein Extra war. Wichtig ist vielleicht auch der Hinweis, dass die Verarbeitung von Epoxidharz hohe Anforderungen an das Know-how des Verarbeiters und die klimatischen Bedingungen stellt. Schlecht oder falsch aufgebrachtes Epoxidharz kann ein grober Mangel sein. Dazu im Abschnitt "Renovierung mit Epoxidharz" mehr.
Die älteren Typen wie W 600, W 725, W 870 wurden noch aus Mahagoni-Sperrholz gebaut. Das war zweifellos das Beste aber auch teuerste Sperrholz. Aus Kostengründen aber auch weil es leichter ist wurde später auch Okoumè für die Rumpfschale verwendet. Es haben sich durch dieses weichere und nicht so beständige Holz keine gravierenden Mängel gezeigt, jedoch ist die Notwendigkeit einer Epoxidbeschichtung dringlicher. Die Druckfestigkeit und Beständigkeit des Okoumè wird durch Epoxid so sehr verbessert, dass man den Nachteil gegenüber Mahagoni als ausgeglichen betrachten kann.
Ein besonderer Vorteil der modernen Holzbauweise ist die günstige Relation von Gewicht und Festigkeit. Neben Alumium nimmt moderner Holzbootsbau hier eine Spitzenstellung ein. Das ermöglicht relativ hohe Ballastanteile und durch die Verwindungssteifigkeit des Rumpfes sportliche Riggs. Es ist bekannt, dass die WAARSCHIP Schiffe durchweg sehr gute Segelleistungen bringen.
Festkiel, Hubkiel und Ruderprofile
Der Kiel spielt neben der Rumpfform auch eine wichtige Rolle bei der Minimierung der Abdrift. Abdrift ist der Weg nach Lee durch die Kraftkomponente des Windes, die das Schiff eigentlich zur windabgekehrten Seite schieben will. Die seitliche Projektion des Unterwasserschiffes, des Ruders und des Kieles stellt die so genannte Lateralfläche des Unterwasserteils eines Schiffes dar. Neben der Größe der Lateralfläche wirkt auch die Kielform Abdrift minimierend, wenn sie einem Tragflügelprofil entspricht. Die Hydrodynamik (Strömungslehre in Flüssigkeiten) hat sich bei der Luftfahrt schlau gemacht, die das Tragflügelprofil zwangsläufig schon früher erforscht haben. Ein Schiff kann man auch mit einem Brett als Ruder steuern, bei einem Flugzeug wird es mit dem Brett als Flügel schon recht schwierig vom Boden abzuheben.
Das Ergebnis dieses schlau Machens waren die so genannten NACA-Profile (Ähnlichkeit mit dem Körper von Delphinen), die eine gewisse Dicke brauchen, um effektiv die Abdrift zu minimieren. Das trifft auch auf Ruderblätter zu. Wir haben zum Beispiel das relativ dünne Ruderblatt des W 725 schon 1995 optimiert. Dabei haben wir uns am Profil des W 1010 orientiert, das als wesentlich moderneres Schiff schon ein NACA-Profil hatte. Positive Effekte in Hinsicht auf geringere Ruderausschläge, geringeren Kraftaufwand und mehr Höhe wurden uns von allen Eignern berichtet, deren Schiffe mit dem optimierten Ruderprofil ausgestattet wurden.
Je schlanker und sportlicher ein Schiff ist (Beispiel W 1010 oder W 1220), desto wichtiger ist, dass der Kiel auch tief ins Wasser reicht. Standardkiel beim W 1010 ist der Kiel mit 1,9 m Tiefgang. Die Kielversion mit 1,5 m Tiefgang bedeutet eine Verschlechterung der sportlichen Segeleigenschaften. Daran führt kein Weg vorbei. Auch wenn beim W 570 der sportliche Normalkiel mit 1,0 m Tiefgang durch den 0,6 m Tiefgang ersetzt wird, muss man mit deutlichen Abstrichen insbesondere der Am-Wind-Eigenschaften rechnen.
Da es Reviere gibt wo Tiefgang stört, wird auch immer wieder die Frage nach variablen Tiefgängen aufgeworfen. Theoretisch ist alles machbar, doch es ist wie oft eine Frage des Aufwandes. Grundsätzlich sind die WAARSCHIP-Rümpfe für untergebolzte Festkiele konzipiert. Alles andere sind Sonderkonstruktionen mit sehr viel zusätzlichem Aufwand und zu bezahlbaren Preisen gar nicht zu leisten. Ein Extrembeispiel ist das W 1010 Fezzo (siehe auch www.fezzo.de). Hier wurde mit sehr viel Aufwand ein Hubkieler gebaut. Der Hubkiel wurde später nur noch zum Trailern hoch gefahren und wird wahrscheinlich für die Zukunft ganz festgesetzt, weil die Nachteile (mit hoch gefahrenem Kiel ist die halbe Kajüte nicht mehr zu gebrauchen und um die Arbeit des Hochfahrens zu leisten, müsste ein motorischer Antrieb installiert werden).
Die Geschichte der WAARSCHIP-Werft:
WAARSCHIP bv begann 1963 in der Ortschaft Waar in Holland mit der Herstellung des W 600. Von der Ortschaft Waar leitet sich auch der Name WAARSCHIP ab. Es ist also kein warship, was ja englisch Kriegsschiff bedeuten würde und Schiff schreibt man in Holländisch "Schip" und nicht ship wie im Englischen.
Von Anfang an wurden die Schiffe als Selbstbau Sätze konzipiert, wobei der Rumpf im Rohbau (also nur die Schale ohne Deck und Innenausbau) immer auf der Werft gebaut wurde.
Das blieb auch bei den späteren Typen so. Das Konzept wurde damals sehr gut vom Markt angenommen und so folgte 1965 der Typ W 710, 1968 das W 725. Vom W 725 wurden in knapp 10 Jahren weit mehr als 1000 Stück gefertigt. Damit ist der so genannte Vierteltonner das meistgebaute WAARSCHIP. Es folgten dann die Typen 870 (Halbtonner), 730 (2,9m breit!), 570, 660, 740, 740 Ocean, 900, 900 plus, 1010, 1076, 36'LD, 28'LD und 1220. Insgesamt könnten weltweit weit mehr als 4 000 WAARSCHIPs schwimmen (wenn es sie noch alle gibt).
Die Verkäufer der WAARSCHIP-Werft haben immer dazu tendiert die Angaben über die Bauzeiten durch den Selbstbauer zu untertreiben. Das kann man nicht nur als böse Absicht einstufen, denn die individuellen Abweichungen durch die Selbstbauer sind zwangsläufig sehr groß. So kennen wir zum Beispiel einen 1010 Selbstbauer (es war dessen 3.WAARSCHIP-Bau), der eher schnell und zügig und nicht immer so ganz pingelig gebaut hat, der in knapp 800 Stunden fertig wurde. Andere, sehr ins Detail gehende Selbstbauer, konnten auch schon mal 3 000 Stunden für denselben Typ brauchen.
In den 90er Jahren geriet die Werft in wirtschaftliche Turbulenzen. Es ließen sich nicht mehr die Anzahl von Baupaketen verkaufen, die für ein Überleben notwendig gewesen wäre. Die Werft ließ sich auch auf große High-tech-Einzelbauten von Katamaranen ein, die nicht so abgeliefert werden konnten, wie es für Werft und Kunde wünschenswert gewesen wäre. Die immer größer werdenden Typen wurden dann auch vereinzelt auf der Werft fertig gebaut, wofür qualifiziertes Personal fehlte und was fast immer großen Ärger gab. Mitte der 90er Jahre gab es dann zwei Konkurse, bei denen einige Kunden Anzahlungen verloren, weil sie weder Geld zurück noch die bestellten Baupakete bekamen (siehe auch unter Typenübersicht W 1076 u. W 36'LD).
Ca. 1998 versuchten dann neue Investoren den WAARSCHIP-Gedanken wieder zu beleben. Es wurden bei „Kees van de Stadt“ neue Typen entworfen und ein Schnellbausystem eingeführt. Einen wirklichen Durchbruch am Markt, der nur annähernd mit dem Erfolg der früheren WAARSCHIP-Werft in t`Waar zu vergleichen war, brachte dies jedoch nicht.
Was man auch ganz nüchtern sehen muss, der moderne Holzbootsbau ist handwerklich ausgeführt sehr zeitintensiv und daher bei gewerblicher Herstellung teuer bis unbezahlbar. Die GFK-Bootsindustrie ist in den letzten 2 Jahrzehnten beim Großserienbau so preisgünstig geworden, dass die ursprüngliche WAARSCHIP-Idee, der Selbstbauer käme mit diesem System billig zu seinem Schiff, heute fast ins Gegenteil verkehrt ist. Die Schlussfolgerung aus dieser Entwicklung muss nüchtern betrachtet sein, die ursprüngliche WAARSCHIP-Idee ist Geschichte und Neubauten haben ab dem Jahre 2000 nur noch eine Rolle in einer Nische gespielt.
Dennoch gibt es eine beträchtliche Zahl an gebrauchten WAARSCHIPs und unter Insidern erzeugt der Name WAARSCHIP immer noch ein Leuchten in den Augen. Solange das so ist, werden unsere Dienstleistungen noch gefragt sein.